Ein Plädoyer für Deutschlands friedlichste Wespenart.
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Sie hängt still unter dem Dachvorsprung, ihr kugeliges Nest aus hellgrauem, papierartigem Material wirkt wie ein Kunstwerk der Natur. Die Sächsische Wespe (Dolichovespula saxonica) ist eine der faszinierendsten und gleichzeitig am meisten missverstandenen Wespenarten Mitteleuropas.
Auch bei uns entdeckte ein aufmerksamer Nachbar ein großes Nest direkt unter dem Dachvorsprung. Dabei saßen wir seit Wochen oft nur zwei Meter darunter – tranken Kaffee, plauderten, genossen die Sommerluft. Kein einziges Mal wurden wir belästigt oder überhaupt auf die Wespen aufmerksam. Also habe ich mich sofort daran gemacht Fotos zu schiessen und diesen Artiekel darüber zu schreiben. Beim Fotografieren wurde ich von den Wespen nie als lästig oder gar Bedrohung gesehen, obwohl ich ihnen mit der Kamera bis auf weniger als 20 cm auf den Pelz gerückt bin.

Mit einer Körpergröße von 12-15 Millimetern gehören die Arbeiterinnen zu den mittelgroßen Wespenarten. Ihre schwarz-gelbe Färbung folgt dem klassischen Wespenmuster, doch die helle Gesichtszeichnung verleiht ihr etwas Freundliches, fast Sanftes.
Meisterhafte Architektur
Das Nest der Sächsischen Wespe ist ein Meisterwerk der Bioarchitektur. Kugelig geformt und frei hängend, wählt sie bevorzugt geschützte Plätze unter Dachvorsprüngen, in Schuppen oder unter Balkonen. Das Material gleicht feinstem Papier – hergestellt aus zerkauten Holzfasern, die mit Speichel vermischt und zu hauchdünnen Schichten verarbeitet werden.

Die hellgraue Färbung des Nests ist charakteristisch und unterscheidet sich deutlich von den dunkleren Nestern anderer Wespenarten. Jede Schicht perfekt angelegt – ein Zeugnis jahrmillionenlanger Evolution.

Die friedliche Nachbarin
Hier liegt der große Unterschied zu ihren berüchtigten Verwandten: Die Sächsische Wespe ist von Natur aus friedlich und menschenscheu. Während Deutsche und Gemeine Wespen aggressiv werden können und hartnäckig Kaffeetische belagern, hält sich die Sächsische Wespe fern von menschlichen Aktivitäten.Selbst bei Aufenthalt sehr nahe am Nest, wie beim Fotografieren, lassen sie sich weder stören, noch werden sie unruhig.

Sie zeigt kein Interesse an süßen Speisen – weder Kuchen noch Limonade locken sie an. Stattdessen ernährt sie sich von Pflanzensäften, während sie für ihre Larven Fliegen, Mücken und kleine Raupen jagt. Diese Nahrungsvorlieben machen sie zu einem wertvollen Verbündeten im Garten, da sie als natürlicher Schädlingsbekämpfer fungiert.

Ein kurzes, aber erfülltes Leben
Von Mai bis August ist Flugzeit für die Sächsische Wespe. In diesen wenigen Monaten vollbringt sie wahre Wunder: Sie baut kunstvolle Nester, zieht ihre Brut auf und sorgt für das Gleichgewicht im Ökosystem. Die Völker bleiben überschaubar und werden niemals so groß wie die der aggressiveren Arten.
Der große Irrtum
Hier liegt das Problem: Wespe ist nicht gleich Wespe. Wenn Menschen von aggressiven Wespen belästigt werden, die hartnäckig am Kaffeetisch kreisen oder sogar stechen, handelt es sich praktisch immer um Deutsche oder Gemeine Wespen. Die Sächsische Wespe wird jedoch oft fälschlicherweise mitverurteilt.Dabei ist wichtig zu erwähnen: Auch die Deutsche und Gemeine Wespe stehen unter Naturschutz und erfüllen wichtige ökologische Aufgaben. Ihr scheinbar aggressives Verhalten ist meist nur Ausdruck ihres Überlebenstriebs – sie sind nicht böse, sondern folgen ihren natürlichen Instinkten. Dennoch macht ihr unterschiedliches Verhalten deutlich, warum eine Differenzierung zwischen den Arten so wichtig ist.

Interessant ist, dass selbst in wissenschaftlichen Diskussionen – etwa auf Wikipedia – gelegentlich die Friedfertigkeit der Sächsischen Wespe hinterfragt wird. Doch hier sollte man differenzieren: Natürlich ist sie gegenüber Fliegen und Mücken, ihrer natürlichen Beute, nicht „friedfertig“ – genau wie ein Löwe gegenüber Antilopen. Entscheidend ist jedoch ihr Verhalten gegenüber Menschen: Sie meidet unsere Nähe, interessiert sich nicht für unsere Speisen und zeigt keinerlei Aggression in menschlicher Umgebung. Was kann man mehr von einem Wildtier erwarten?

Ihr friedliches Wesen und ihre Scheu vor Menschen macht die sächsische Wespe zu einer idealen Nachbarin. Experten empfehlen daher, Nester der Sächsischen Wespe nicht zu entfernen, da von ihnen keinerlei Gefahr ausgeht. Im Gegenteil – sie bereichern die Biodiversität und helfen bei der natürlichen Schädlingskontrolle.
Ein Plädoyer für mehr Verständnis
Die Sächsische Wespe verdient unseren Respekt und Schutz. Als Teil unserer heimischen Fauna hat sie eine wichtige ökologische Rolle. Ihre Friedfertigkeit und ihr zurückhaltender Lebensstil machen sie zu einem Paradebeispiel dafür, wie Mensch und Wespe harmonisch zusammenleben können.

Das nächste Mal, wenn Sie ein kugeliges, hellgraues Nest unter Ihrem Dach entdecken, denken Sie daran: Hier wohnt möglicherweise eine der friedlichsten Wespenarten Europas. Eine Nachbarin, die leise und zurückgezogen ihrem Tagwerk nachgeht und dabei hilft, lästige Insekten in Schach zu halten.

Die Sächsische Wespe – zu Unrecht verfolgt, aber hoffentlich nicht für immer missverstanden.
Die Aufnahmen entstanden mit der OM-1 und einem 90 mm Makro Objektiv und einer Fujifilm X-T5 mit einen 200 mm Teleobjektiv.
Keine KI Unterstützung, kein Photoshop, keine Retouche oder Pixelveränderung. Die Fotos wurden lediglich zugeschnitten, die Ausschnitte vergrößert und Helligkeit, Kontrast und Schärfe etwas nachreguliert. Weitere Fotos werden demnächst noch folgen.und sind dann hier in der Insekten Galerie zu finden.
Meinen Blog zur Feldwespe finden Sie hier.