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Gesichtsbücher und Gezwitscher

    Ich weiß, dass ich mir mit diesem Beitrag keine Freunde machen werden. Aber echte Freunde suche ich auch nicht im Internet. Da es hier bei mir aber keine Daumen gibt, werde ich es sowieso nie erfahren 😉 Heute eine Erklärung warum ich, wie hier angekündigt,  die bekanntesten „Gesichtsbücher und Gezwitscher“ so überhaupt nicht nutze und auch nicht unterstützte? Warum ich die Namen absichtlich nicht nenne, erkläre ich später einmal in einem extra Beitrag.

    Eigentlich ganz einfach. Weil ich auch im realen Leben nicht das Fenster aufmache und hinausschreie was ich gerade mache, in der Hoffnung dass möglichst viele zuhören, mir dabei applaudieren und ab sofort mit mir befreundet sind. Dann werfe ich noch ein Foto meines Essens hinterher und eine Stunde später berichte ich genauso über den erfolgreichen Stuhlgang. Es gibt doch keinen halbwegs vernünftigen Grund mit noch gesunden Menschenverstand,  dies so zu machen. Aber sehr viele, weltweit fast zwei Milliarden und in Deutschland mehr als die Hälfte  zwischen 14 und 70, machen mit. Wenn auch virtuell, aber wo ist denn da heute noch der Unterschied?

    Die Gründe

    Ich denke mir in vielen Fällen sind das
    – Gruppenzwang
    – zwanghafte Suche nach Selbstbestätigung
    – Neugier und Angst etwas zu versäumen
    – gerne schnell Urteile abgeben ohne viel Nachzudenken zu müssen
    – mit nur einem Fingerklick der Welt zu sagen „ich bin auch da“
    – mi mi mi

    Die negativen Seiten werden dabei gerne schnell bewusst übersehen. Von den Hasspostings, gezielter Desinformation, permanenter Werbung oder für Kinder schädlichen Inhalten ganz zu schweigen. Alles egal. Ich muss noch mehr Likes und Freunde haben, immer wissen aktuell gerade passiert und ja, Herr Lehrer ich weiß was. Leute Leute Leute!  Dafür lasst ihr euch ausspionieren, verkauft  eure persönlichen Daten an Werbefirmen und werdet gläserner denn je. Das aber wirklich Bemerkenswerteste ist, dies alles wird wissentlich in Kauf genommen und ihr wollt es immer und immer wieder. Dabei machen die Medien genauso mit und unterstützen dies auch noch aktiv.

    Bin ich mit meiner Meinung alleine?

    Nein! Ich habe hier in der Berliner Gazette einen Artikel gefunden, der die Sachlage zu den bekanntesten Communities sehr gut und gemäßigter als ich  😉 beschreibt.
    Zitat:
    In den sozialen Medien manifestiert sich eine Verschiebung von den HTML-basierten Verlinkungspraktiken des offenen Webs zum Liken und Empfehlen innerhalb der geschlossenen Systeme. Die indirekte und oberflächliche ‚Like Economy‘ verhindert, dass ihre Nutzer verstehen, worum es im offenen Web eigentlich geht. Mit Info-Handlungen wie Befreunden, Liken, Empfehlen und Updaten führen die sozialen Medien neue Schichten unsichtbaren Codes zwischen einem selbst und den anderen ein. Das Ergebnis ist die programmierte Reduktion komplexer sozialer Beziehungen und eine Verflachung sozialer Welten.
    Zitat-Ende.

    Würde es sich nicht einmal lohnen, über das eigene Verhalten mit „Gesichtsbücher und Gezwitscher“  nachzudenken?  Oder doch nur weiter stupide mit der Herde mitlaufen weil es doch so einfach ist ?

    Wenn Du nicht mehr täglich ohne „Gesichtsbücher und Gezwitscher“ und CO auskommst, bist Du vielleicht schon unwiderruflich darin gefangen. Um dies selbst zu kontrollieren, hier eine Checkliste der Uni Stuttgart.

    Aktueller Nachtrag vom 06. Februar 2018

    — Auszug aus diesem Artikel von heise.de —

    Die Kritik an den großen US-Internetdiensten wird immer lauter. Eine ganze Reihe ehemaliger Mitarbeiter hat sich nun verbündet, um deutlich zu machen, wie Facebook & Co. uns geradezu süchtig machen. Die Regeln müssten deswegen geändert werden.

    Mehrere Vertreter des Silicon Valley haben sich zusammengeschlossen, um gegen die Gefahren sozialer Netzwerke vorzugehen. Dafür haben sie das „Center for Humane Technology“ gegründet, fasst die New York Times zusammen. Gemeinsam mit anderen Organisationen wollen sie demnach unter anderem eine millionenschwere Kampagne auflegen, um vor den Suchtgefahren durch Social Media zu warnen. Von den Entwicklern und Anbietern fordern sie ein am Menschen ausgerichtetes Design, das sich unserer Angreifbarkeit bewusst ist und diese nicht ausnutzt. Dafür müssten aber die Regeln geändert werden, denn derzeit lohne es sich für Youtube, Facebook, Snapchat, Twitter & Co., mit allen Mitteln um unsere Aufmerksamkeit zu konkurrieren.

    Auf ihrer Website fassen die Aktivisten zusammen, welche Gefahren die sozialen Netze ihrer Meinung darstellen. Anders als in der Vergangenheit könnten wir uns diesmal nicht einfach daran gewöhnen, ohne dass das massive negative Konsequenzen hätte, warnen sie. Denn soziale Netze kämpften mit allen Mitteln um unsere Aufmerksamkeit – ihr Geschäftsmodell lasse ihnen gar keine Wahl. Ob und wie uns das verändere, sei unerheblich. Snapchat etwa mache aus Gesprächen die sogenannten Streaks. Das heißt, die Nutzer können sehen, wie viele Tage infolge sie mindestens einmal täglich mit einem Kontakt kommuniziert haben. Hier ist das Ziel natürlich eine möglichst hohe Zahl, wodurch sich die Art und Weise verändere, mit der Kinder den Grad einer Freundschaft bemessen.

     Instagram glorifiziere ein bildschönes Leben und untergrabe das Selbstwertgefühl der Nutzer, kritisieren sie. Facebook trenne uns in Echokammern und fragmentiere unsere Gemeinschaften. Youtube spiele automatisch immer noch ein Video mehr, selbst wenn es Zeit zum Schlafen sei. All diese und ähnliche Produkte seien nicht neutral sondern Teil eines Systems, das uns süchtig machen solle. Damit untergrabe es Grundpfeiler unser Gesellschaft, fassen sie zusammen: Wir könnten uns immer schwerer von den Geräten lösen und Kinder würden immer mehr zum Vergleich mit anderen gedrängt.

    Diese teils drastischen Vorwürfe kommen von Personen, die es wissen dürften: Tristan Harris, der das Center for Humane Technology mitgegründet hat, arbeitete einst als Designethiker bei Google. Justin Rosenstein erfand bei Facebook den Like-Button, der nicht von ungefähr zum wichtigsten Symbol des sozialen Netzwerks geworden ist. Roger McNamee gehörte zu den frühen Investoren bei Facebook, Electronic Arts und Yelp. Randima Fernando arbeitete jahrelang bei Nvidia. Der Lyft-Präsident John Zimmer unterstützt das Projekt genauso wie Natasha Schüll, die das Buch „Addiction by Design“ verfasst hat. Sie alle gesellen sich nun zu den immer lauter werdenden Stimmen, die vor den immensen Folgen warnen, die der stetige Kampf um Aufmerksamkeit haben könnte.

    — Auszug Ende —

    Nicht vorschnell urteilen

    Falls jemand jetzt denkt, dass ich ein rückständiger Technikmuffel bin, der irrt sich gewaltig. Ich war seit Beginn des Internets und sogar davor immer einer der ersten, der sich für neue Technologien interessiert und begeistert hat. Ich habe selbst neue Technologien entwickelt, die meisten neuen Möglichkeiten sofort aktiv mitgestaltet oder intensiv getestet. Meistens war ich fünf Jahre vor dem Mainstream, aber ich habe mich niemals von den neuen Möglichkeiten vereinnahmen lassen. Ich bin immer noch auf dem neuesten Stand der IT, betreibe mehrere selbst aufgebaute Foren und bilde mich in mehreren Bereichen kontinuierlich weiter.

    Ohne Foto geht es nicht

    Da dies ja maßgeblich ein Foto-Blog ist, hier noch die Collage für das kleine Vorschaubild dieses Beitrages. In Photoshop zusammengebaut aus einem Frauenportrait, einem Buch, einem Vogelschwarm und dem Text. Dauer zehn Minuten.

    Gesichtsbücher und Gezwitscher

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