In diesem Beitrag will ich meine bisherigen fotografischen Erfahrungen als Hobbyfotograf beschreiben. In den Anfangsjahren meiner Fotografie oder sollte ich besser „Knipserei“ sagen, das war ungefähr 2010, habe ich mich ausschließlich mit der Technik beschäftigt. Fälschlicherweise glaubte ich damals noch, Fotos werden mit besserem Equipment auch automatisch besser. Natürlich weit gefehlt, der größte Fehler überhaupt. Gute Fotos haben nichts, aber auch gar nichts mit dem Equipment zu tun. Millionen Anwender in hunderten Fotoforen und in täglich unzähligen Videos weltweit, fallen aber nach wie vor auf die Werbeversprechen der Hersteller herein oder berichten selbst darüber, manchmal auch nur um ein Thema zu haben oder mehr Zugriffe, Likes oder Abonnenten zu bekommen. Bei den Herstellern kann ich das zum Teil noch einsehen, denn ohne gute Vermarkung kann man auch nichts verkaufen und „Klappern gehört zum Handwerk“. Aber nicht bei den vielen Fachleuchten, die es ja besser wüssten, aber auf Grund der heutigen Besessenheit von immer mehr Klicks und Likes, den Blick auf das eigentliche Thema, die Fotografie, völlig verloren haben.
Social Media Kritik
Nicht anders bei den Anwendern selbst. Da werden Kameras und Objektive schlecht gemacht, da damit ein Foto mit offener Blende bei 300% Vergrößerung, am Rand ein paar Prozent unschärfer darstellt wird. Beim gleichen Objektiv wird dann gleichzeitig über das Bokeh gelästert und das bei einem Objektiv mit dem man ja, laut Schlaumeier, sowieso nur Portraits erstellen kann, die dann aber den ganzen Hintergrund samt Rand unscharf darstellen sollen. Da kann man sich schon an den Kopf greifen und dies sind KEINE Einzelfälle.
Wenn dies Berufsfotografen wären, die dazu auch noch großflächige Ausdrucke in DIN A0 und größer bräuchten, könnte ich dies ja noch verstehen. Es geht aber in den meisten Fällen nur darum, seinen eigenen Senf zu einem Thema dazuzugeben. Ich habe mich deshalb mittlerweile aus allen Fotoforen abgemeldet und lese darin auch nichts mehr, da diese ihr eigentliches Ziel schon lange komplett aus den Augen verloren haben. Die allermeisten der von mir abonnierten Youtuber, die Anfangs richtig gut und hilfreich waren, sind da nicht besser. Sie haben alles schon zig Mal durchgekaut und erfinden nun angebliche Tips und Tricks, die ohne jeglichen Mehrwert sind und es sich um Funktionen handelt, die einfach in den Handbüchern nachzulesen wären.
Dann kommt dazu, dass sich heutzutage viele ohne besonderes Wissen oder Erfahrung dazu berufen fühlen, auch noch ihr Gesicht in eine Kamera zu halten, sinnloses Geschwafel von sich zu geben um es dann in Youtube zu stellen. Selbsternannte Influencer mit dem unbewussten Ziel ihre eigene Dummheit zu verbreiten. (siehe Dunning-Kruger-Effekt) Zu den sogenannten „unbox Videos“, die zeigen wie ein neuer Artikel ausgepackt wird und was in der Schachtel so zu finden ist, möchte ich gar nichts mehr sagen. Ich glaube mittlerweile, die Entwicklung geht langsam zum „betreuten Denken“. Natürlich kann man dies nicht verallgemeinern, aber die steigende Anzahl dieser Videos gibt schon zu denken. Aber genug der Lästerei und zurück zur Fotografie.
Die Kamera spielt keine Rolle
Ich bin mittlerweile der Meinung, dass die allermeisten der besten Fotos der letzten 50 Jahre, mit jeder x-beliebigen Kamera hätten erstellt werden können. Natürlich kann man mit einem Handy keine hochauflösenden und scharfen Aufnahmen von Vögeln im Flug erstellen oder die Augen einer Libelle fotografieren. Dafür braucht es die geeignete Technik, keine Frage. Mir geht es hier aber um die allgemeine Fotografie und nicht um die sehr vielen Spezialgebiete.
Hier ein aktuelles Vergleichs-Foto, welches ich mit vier verschiedenen Kameras erstellt habe. Einer Mittelformatkamera (Fuji GFX 50), der besten MFT Kamera aktuell (OM-1) , einer 10 Jahre alten sehr kleinen Kompaktkamera (Lumix GM 5) und einem Kamera-Handy. (Xaomi Mi 12 Ultra) also eine ziemlich große Bandbreite. Natürlich ist dies ein sehr einfacher und rein technischer Vergleich, aber dennoch.
Sehen Sie hier gravierende Unterschiede? Nein? Es folgt ein detaillierter Ausschnitt der Fotos, da ich schon höre, „Ja aber wenn man hineinzoomt dann……“ – Nichts da! Sehen Sie selbst. Das sind ungefähr 100% Vergrößerungen und zeigen in etwa das, was man auch groß gedruckt sehen würde.
Die genauen Kameradaten finden Sie in den Exif Daten. (Datei Eigenschaften/Detail, bei Mac Information). Mit etwas Nachbearbeitung wäre es leicht möglich, die Fotos noch weiter anzugleichen, so dass die Unterschiede noch kleiner würden. Auf Originalgröße ausgedruckt (60 x 80 cm) und einem normalen Betrachtungsabstand von 1m, wäre aber kein signifikanter Unterschied feststellbar. Abgesehen davon, dass man nur ein Bild (1) drucken würde und keinen Vergleich zu den anderen hätte.
Noch zwei Foto, erstellt mit der kleinsten Mft Kamera. Die schon erwähnte und gerade 200 Gramm leichte Lumix GM 5. Da sie nicht mehr produziert wird, habe ich sie im Internet inkl. Kit Objektiv für 250 ,-.€ erstanden. Ich benutze sie immer dann, wenn ich die OM-1 nicht mitnehmen möchte. Das Schöne, ich kann alle meine Olympus/Mft- Objektive damit verwenden. HIER der Artikel dazu.
Hier ein Größenvergleich der Lumix mit der OM-1 und einer Nikon. Die OM-1 ist dabei schon eine der handlichsten „normalen“ Kameras. Zugegebenermaßen war anfangs die Bedienung der GM 5 auf Grund der sehr kleinen Tasten sehr fummelig und ungewohnt. Nach einer radikalen Umbelegung und Einstellung der Tasten sowie Touchscreen und Sucher, kann ich die Kamera jetzt zufriedenstellend bedienen.
Ein noch interessantes Video zum Thema habe ich hier auf Youtube gefunden. Ein Vergleich eines Ausdruckes eines 12 MP iPhones Foto und einer 100 MP Mittelformatkamera. Der Link springt direkt zu den Vergleichen der beiden Ausdrucke.
Ein steiniger Weg
Um zu meinen jetzigen Erkenntnissen zu gelangen, habe ich es mir nicht leicht gemacht. Bis vor ca. drei Jahren habe ich laut Lightroom-Auswertung 47 verschiedene Kameras (inkl. Handys) und 61 Objektive benutzt, welch ein Unfug und Unsinn. Ich habe zwar zigtausende Fotos damit erstellt, aber fotografisch hat es mich definitiv nicht weiter gebracht. Ich war lediglich ein Kamerabesitzer der genau soviel Skill zum Fotografieren besitzt, wie jemand der gerade den Führerschein erworben hat, sich einen Supersportwagen kauft und jetzt denkt, er könne er gut Autofahren oder womöglich sogar Rennen damit gewinnen.
Die Zeit war aber nicht komplett vergeudet. Es hat und macht mir immer noch sehr viel Spaß neue Techniken und deren Möglichkeiten zu erproben und auszureizen. Dies verknüpfe ich aber jetzt nicht mehr mit der (nicht technischen) Qualität der erzeugten Fotos. Wie schon erwähnt und um nicht um einen falschen Eindruck zu erwecken, sei es noch einmal gesagt, dass es sehr viele Fotografie Genres gibt, die mit einer älteren Kamera nicht oder nur sehr schwer bedient werden könnten. Ich denke dabei an Fotos von fliegenden Vögeln und Insekten, durchgehend scharfe Makrofotografien aus der Hand, Fotos mit einem 600mm Objektiv ohne Stativ oder weichgezeichnetes Wasser ohne Stativ und ND-Filter, nur um ein paar wenige Beispiele zu nennen. Das bietet nur die aktuelle Kamera Technik und es macht mir sehr viel Spaß, sich damit in das eine oder andere Thema einzuarbeiten und sich von den Kamerafunktionen zu neuen Ideen hinleiten zu lassen.
Meine Lieblingskamera
Die in meinen Augen versatilste Kamera ist die OM-1. Ich kenne keine andere, die so unterschiedliche Funktionen in einem Gehäuse anbietet. Außer allen Funktionen die in aktuellen Kameras erwartet werden, bietet sie zusätzlich noch
- Fokusbracketing UND Fokusstacking
- PreCap (mit oder ohne AF)
- hervorragende Motiverkennung und Verfolgung
- bis zu 120 Bilder pro Sekunde (Raw in voller Auflösung )
- Live ND bis 64 Stufen aus der Hand
- Live Composition/-Bulb/-Time (faszinierend)
- 50 MP High Resolution Fotos aus der Hand (20 MP Sensor (8160×6120)
- 80 MP High Resolution Fotos vom Stativ (20 MP Sensor (10368×7776)
Für alle die es wie ich lieben, sich in ein Handbuch mit 366 Seiten, einzulesen, ist die gebotene Vielfalt ein Genuss. Wer bei diesen vielen Möglichkeiten nichts Faszinierendes findet, der sollte sich fragen, ob das Fotografieren auch wirklich sein Hobby ist. Ja, die Fotos macht nach wie vor der Fotograf und nicht die Kamera, aber eine Kamera darf trotzdem Spaß machen.
Im Wandel
In den letzten Jahren habe ich angefangen mich mehr um die Gestaltung der Fotos zu bemühen. Seit ca. einem Jahr, übe ich deshalb bewusster wichtige Aspekte wie Motivplatzierung, Licht, Blickführung etc. mehr zu beachten. Einige sehr gute Fotobücher haben mir da geholfen. Nebenbei bemerkt: Ein gutes von einem schlechten Fotobuch zu unterscheiden ist sehr einfach. In einem guten kommen die Wörter „Kamera“, „Objektiv“ oder „Megapixel“ nur sehr selten oder überhaupt nicht vor.
Die Kamera ist für mich jetzt mehr das hilfreiche Werkzeug. Ich versuche – auch nicht immer – vor dem Auslösen, die bewusste Gestaltung des Bildes zu übernehmen und auch zu planen. Voraussetzung dafür ist das Verständnis der Eigenschaften und Zusammenhänge von Blende, Verschlusszeit, ISO und Objektiv. Dieses Wissen muss ohne große Überlegung und im Hintergrund bewusst zur Bildgestaltung eingesetzt werden können. Jetzt kann ich mich um die wichtigen Aspekte von guten Fotos bemühen. Wobei ich als „gut“ die Fotos meine, die mir gefallen. Das einzig wichtige das wirklich zählt. Am Rande möchte ich noch erwähnen, dass ich ausser in diesem Forum, meine Fotos bewusst nirgends im Internet zu finden sind.
Weitere wichtige Aspekte
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das Abwarten des richtigen Moments. Erst mit langer Praxis in einem bestimmten Genre der Fotografie, kann man/ich Situationen vorausrahnen, da gewisse Ereignisse regelmäßig immer wieder eintreffen. Ich habe während der Fotografie von Vögeln und Insekten gelernt, welche Arten wo, wie und wann auf die Umwelt reagieren. Wussten Sie z.B. dass es möglich ist, Wespen gefahrlos auf seine Fingern krabbeln zu lassen und dabei zu fotografieren (siehe hier) . Geduld und Behutsamkeit, mehr braucht es nicht.
Ein Street Fotograf wird diese Erfahrungen in Bezug auf die Reaktionen der Menschen bestimmt auch machen. Dann kann er einschätzen, ob das Potential für einen richtigen Moment vorhanden ist oder nicht. Da ich mich bis auf die Insekten und Vogelfotografie meist nur mit statischen Motiven beschäftigt habe, fehlen mir für die Street Fotografie aber jegliche Erfahrungen.
Weitere Optimierungen
Für eine gelungene Fotografie können die beschriebenen Aspekte noch optimiert werden. Ich habe mir daher als nächstes diese Lernziele gesetzt.
- In einem Bild sollte immer nur ein Motiv sein
- Die Motivplatzierung muss mehr Beachtung finden
- Die Balance des Bildes muss stimmen, ein sehr schwieriges Thema
- Gezielt Muster im Bild suchen und einsetzen
- Linien, Flächen und Diagonalen finden
- Schatten, Silhouetten und die Lichtwirkung selbst beachten
- Der Hintergrund muss irgend einen Sinn ergeben oder weglassen/unscharf
- Natürliche Rahmen nutzen
- Farbgebung beachten
- Blick lenken durch Schärfe und Sättigung und Linien
- Warten auf den Moment
- den eigenen Blick entwickeln und die Kunst des Sehens lernen
- Nichts erzwingen wollen, alles braucht Zeit
Es gibt noch viel zu lernen. Zusammen mit der Bearbeitung der RAW Fotos, für mich der mit schönste Teil der Fotografie.
Zusammenfassung: Kameralügen und fotografische Erkenntnisse
Die Fotografie ist ein Weg den man geht und der vermutlich nie zu Ende sein wird. Manchmal geht es schneller, manchmal langsamer, manchmal wird der Weg die Richtung ändern oder man bleibt eine Zeit lang stehen. Wie Konfuzius schon zugeschrieben wird „Der Weg ist das Ziel„.
Auf Grund meiner gemachten Erfahrungen und Erkenntnisse, widerspiegeln nicht alle Blogbeiträge meiner jetzigen Anschauung. Sie sind als Teil meines nicht immer geradlinigen Weges durch die Fotografie zu verstehen.