Liebe Leserin, lieber Leser,
als Fotograf dokumentie ich gerne die reale Welt. Mich beschäftigt daher eine zunehmende Entwicklung, die hin zur Verdummung der Menschheit durch Social Media. Nur noch Aufmerksamkeit ist wichtig, wichtiger als Wahrheit. Diese scheinbar einfache Beobachtung hat aber weitreichende Konsequenzen, und die Folgen zeigen sich erst langsam aber stetig.

Von Google zu KI: Ein gefährlicher Wandel
Ich beobachte es bei mir selbst und auch bei Bekannten: Immer mehr Menschen googeln nicht mehr, sondern fragen ChatGPT, Gemini, Claude oder andere KIs. Von einigen Millionen Nutzern in den Anfängen der Ki auf 1,6 Milliarden monatliche Nutzer heute (Stand 2025) . ChatGPT hat bereits Amazon, Yahoo und sogar TikTok überholt. Hier liegt das Problem: Was noch eben erst als Revolution gefeiert wird, ist in Wahrheit der Anfang eines gefährlichen Wandels.
Wenn wir untersuchen woherher die meisten Menschen heute ihre Informationen beziehen kommt folgendes heraus: TikTok, Instagram, Facebook, YouTube Shorts. Alles Plattformen die nicht dafür geschaffen wurden, Wissen zu vermitteln, sondern um Aufmerksamkeit zu erregen. Diese Räume belohnen und wollen keine Wahrheit und keine Tiefe. Sie belohnen alles, was unsere Aufmerksamkeit gewinnt. Über 98% der Inhalte stammen von Influencern oder Menschen, die gerne welche wären. Deren Beiträge bestehen aus Clickbait, Drama und Selbstdarstellung, nicht aus dem Wunsch heraus aufzuklären.Was uns täglich ins Auge springt sind Aufreisser wie „Gamechanger“; „das wird alles ändern“, „Du wirst nicht glauben, was als Nächstes passiert“, „Warum spricht niemand darüber?“, „das Internet flippt aus“ usw. usw. usw. Wie oft sind wir schon selbst darauf hereingefallen oder haben oder wollten schon darauf klicken ?

Die Aufmerksamkeitsökonomie regiert alles
Immer seltener kommen Inhalte von echten Experten, Wissenschaftlern oder Forschern.
ChatGPT und auch alle anderen werden den gleichen Weg gehen
Hier kommt der Punkt, der mich wirklich beunruhigt: KIs zeigen heute noch nicht ihr „wahres Gesicht“. Aber mit der Zeit werden KI-Systeme nicht mehr darauf ausgerichtet sein, richtige oder fundierte Antworten zu geben. Warum? Weil es letztendlich um Geld geht. ChatGPT ist heute noch werbefrei, aber das wird sich ändern. Sobald Werbeeinnahmen Teil des Geschäftsmodells werden, wird sich auch ChatGPT wie jede andere Plattform in Richtung engagement-getriebener Inhalte verschieben. Das aktuell erschienen GTP-5 zeigt schon die ersten Ansätze der Monetarisierung. Es kann zwar jeder auf dieses jetzt nur noch eine Modell zugegriffen werden, aber nach wenigen Aufaben oder Fragen ist das freie Limit erschöpft, ein bezahlter Tarif wäre notwendig. Die multimodelen Funktionen wie das Hochladen eines Bildes ist mit der kostenlosen Variante gar nicht mehr möglich. (Stand 08.08.25)
Werbung funktioniert nur, wenn Nutzer motiviert sind, auf der Plattform zu bleiben.
Die Folge: Verdummung durch Social Media
Besonders besorgniserregnd ist , dass die Mehrheit der Nutzer sich daran gewöhnt hat und möchte keine Tiefe mehr will. Keine langen Texte, keine Quellen, keine Vergleiche. Sie wollen schnelle Antworten, egal ob oberflächlich oder falsch. Verkürzte Nachrichten und fehlende Hintergründe: Anstatt einen fundierten Zeitungsartikel zu lesen, der Hintergründe und verschiedene Perspektiven beleuchtet, scannen viele nur noch Schlagzeilen wie vorher schon angeführt oder kurze Infografiken auf Social Media. Das Ergebnis ist eine oberflächliche Kenntnis komplexer Themen, ohne die Fähigkeit, Zusammenhänge zu erkennen oder kritisch zu hinterfragen. Man weiß was passiert ist, aber nicht warum oder was es bedeutet.

Und das Tragische ist: Die allermeisten merken es nicht einmal.
Als Hobbyfotograf beschäftige ich mich intensiv mit der Abbildung der realen Welt, ohne KI, ohne künstliche Verschönerungen. Dabei fällt mir auf, wie sehr sich unsere Gesellschaft von dieser Authentizität entfernt. Wenn Nutzer eine KI fragen, suchen sie keine durchdachten Analysen mehr. Sie wollen:
Sofortige Antworten ohne Tiefe, Vermeidung jeglicher Komplexität, Sprachlich flache Formulierungen ohne intellektuellen Anspruch. Es besteht kein Interesse mehr, etwas wirklich verstehen zu wollen. Platt , einfach, ohne das Hirn mit denken zu belasten.
Was wir verlieren
Früher hatte man als jemand der Inhalte für die Öffentlichkeit erstellt, einem einfachen und ehrenwerten Kodex: Sei korrekt, sei gründlich, belege deine Aussagen. Doch so werden KI-Suchergebnisse der Zukunft nicht mehr funktionieren. Diese Plattformen werden nicht mehr für Wahrheit gebaut, sondern für Likes, Shares, Kommentare und Verweildauer. Google macht es vor: Statt zu bestehenden, von echten Menschen erstellten Inhalten zu verlinken, generiert es zunehmend oberflächliche Antworten. Der Mensch als denkender Urheber verschwindet. Zurück bleibt ein Brei maschinell generierter Texte, ob er wahr oder falsch spielt keine Rolle mehr.
Der Wert des Echten in einer flüchtigen Welt
Meine persönlichen Gedanken dazu
Wir stehen an einem Wendepunkt in der Geschichte, wie wir als Gesellschaft mit Information umgehen. Wissenschaft und Forschung werden in der digitalen Öffentlichkeit immer leiser, weil sie keine Klicks bringen. Der Algorithmus belohnt nur, was Klicks und Verweildauer erzeugt, denn das maximiert Werbeeinnahmen. Es ist ein Wettrennen in den intellektuellen Abgrund, bei dem die meisten Teilnehmenden gar nicht merken, wohin die Reise geht.
Nach einem langen Weg der eigenen Auseinandersetzung mit digitalen Technologien die schon vor 2017 begann, hier ein Blog von 2017 , bin ich zu einer ähnlichen Erkenntnis gekommen wie einst Andreas Feininger in Bezug auf die Fotografie: Nicht die technische Perfektion macht den wahren Wert aus, sondern die emotionale Tiefe und Authentizität. Vielleicht ist das der Grund, warum ich mich wieder verstärkt der echten Fotografie zugewandt habe, der unverfälschten Abbildung der realen Welt. In einer Zeit zunehmender digitaler Manipulation sehne ich mich nach Wahrhaftigkeit und Authentizität.
Zugegeben: Diese Zeilen hier lesen vermutlich nur eine Handvoll Menschen. Mein Blog ist alles andere als bekannt, täglich verirren sich gerade mal ein paar wenige Besucher hierher. Und das ist völlig in Ordnung so. Ich schreibe diese Artikel nicht, um meine Reichweite zu steigern oder meine Fotografie zu vermarkten. Ich tue es, weil mich diese Themen wirklich beschäftigen und es mir Freude bereitet, meine Gedanken zu durchdenken und in Worte zu fassen. Mehr nicht. In einer Welt, die vom Kampf um Aufmerksamkeit geprägt ist, empfinde ich diese kleine, stille Ecke des Internets geradezu als Luxus.
Ich stelle mir oft die Frage: Tragen wir alle unbewusst zu diesem Problem bei, oder können wir Teil einer Lösung sein? Vielleicht liegt die Antwort darin, bewusst Tiefe und kritisches Denken zu fördern, anstatt dem schnellen Konsum oberflächlicher Inhalte zu folgen.

Bleiben Sie locker und achtsam.