Überraschenderweise bekam ich von Olympus Deutschland eine OM-D E-M1 II für ein paar Wochen überlassen, um sie näher kennen zu lernen. Es gab keinerlei Vorgaben, Auflagen, Hinweise oder sonstiges. Ich hatte mich lediglich für ein Kennen-Lernen-Programm angemeldet. Eine gute Gelegenheit, um selbst in Erfahrung zu bringen, wie groß und wo die Unterschiede der beiden Kameras sind. Daher ein kleiner Praxisvergleich, ohne auf alle Details einzugehen. Dies würde den von mir gesetzten Rahmen bei weiten sprengen.
Die Olympus OM-D E-M5 II besitze ich seit nun fast zwei Jahren. Und noch immer lerne ich neue Funktionen kennen. Ich glaube, dass es vom Funktionsumfang her betrachtet kaum eine Kamera gibt, die da mithalten kann. Die vor Jahren benutzte Canon 6D war im Vergleich dazu schon mickrig. Nicht, dass man für normale Fotos so viele Funktionen bräuchte, nein im Gegenteil, aber die Möglichkeiten zu experimentieren und neue Aspekte der Fotografie kennen zu lernen oder selbst zu schaffen, sind einfach faszinierend.
Praxisvergleich OM-D E-M5II und OM-D E-M1II
Von daher war ich schon sehr gespannt auf den Vergleich mit der M1. Da ich schon ein sehr gutes und für hochauflösende Fotos optimiertes Objektiv besitze (Olympus 12-40 Pro), bekam ich eine Festbrennweite (24mm, Lichtstärke 1,2) mit geliefert. Damit habe ich mich aber weniger beschäftigt. Nach dem Auspacken der original verpackten M1 konnte es losgehen. Die technischen Daten zu vergleichen überlasse ich den vielen Fotoforen, das ist für mich nicht interessant und für den Praxisvergleich völlig unrelevant.
Handling
Das erste Mal in der Hand, durch den Sucher geschaut und ein paar Fotos gemacht, fallen mir sofort ein paar gravierende Unterschiede auf. Die M1 liegt wesentlich besser und ergonomischer in der Hand als die M5. Hier passt einfach alles, zumindest für meine Hände, obwohl die sogar ein wenig kleiner sind als der Durchschnitt. Die Kamera selbst ist allgemein etwas größer, nur ein paar Millimeter, ebenso die Bedienelemente, aber hier sitzt alles wie angegossen.
Die Daumenauflage sitzt perfekt und der Griff ist optimal ausgeformt. Bei der M5 dagegen ist so gut wie kein Griff vorhanden. Ich musste einen externen Griff dazu kaufen und montieren, um sie beim Fotografieren überhaupt vernünftig halten zu können und trotzdem kommt man damit nicht annähernd an das Handling der M1. Diese wiegt trotz größerer Abmessungen lediglich 50 Gramm mehr als die M5 + Extragriff, also unrelevant. Obwohl ich, wie erwähnt, kleinere Hände habe, liegt die M5 unnatürlich in der Hand, die Finger müssen sich künstlich und unnatürlich verbiegen, um sie der Kamera anzupassen. Bei größeren Händen wird dies vermutlich noch schlimmer sein.
Details
Bei der M1 passt alles auf Anhieb wie angegossen. Hält man wie üblich die Kamera mit beiden Händen und sieht durch den Sucher, liegt bei der M1 der linke Zeigefinger auf einem von zwei Schaltern, die wichtige Einstellungen steuern. Bei der M5 liegt er auf dem Modusrad, das dort angebracht ist und zum Fotografieren zu diesem Zeitpunkt nie benötigt wird. Die Einstellungen des Modusrades benutze ich nie während ich in den Sucher schaue, schon alleine, weil man nicht sieht, auf was man schaltet und dazu auch zwei Finger braucht. Zum anderen, weil man nach der Motivwahl auch weiß, ob nun Blenden-, Zeit- oder Programmautomatik usw. gebraucht wird. Dies ist bekannt, bevor man in den Sucher sieht und wird auch vorher eingestellt. Selbst Kleinigkeiten wurden berücksichtigt und verbessert. So z.B. das Einlegen der Speicherkarte. Ohne zu überlegen, legt jeder Anwender die Speicherkarte so ein, dass die beschriftete Seite oben ist. Bei der M5 geht dies nicht, hier muss man die Karte mit der Rückseite einlegen, also vorher umdrehen. Mir ist auch aufgefallen, daß bei der M5, beim Halb-durch-Drücken des Auslösers, also bei der Fokussierung, andauernde leichte (Motor?)-Geräusche, vermutlich der Stabilisation zu hören sind, die M1 dagegen ist vollkommen geräuschlos.
Ein Aspekt, der bei der M5 aber besser gelöst wurde, ist die Haptik der Drucktasten auf der Rückseite der Kamera. Bei der M5 haben alle Tasten einen gut spürbaren Druckpunkt. Bei der M1 sind sie schwammig und besitzen teilweise keinen spürbaren Druckpunkt.(Info, Menü, Löschknopf, Wiedergabe, Fn1). Alle anderen Bedienelemente sind bei beiden Kameras in bedienerischer Hinsicht identisch gut.
Zusammengefasst: Im Praxisvergleich ‚Handling und Ergonomie‘ siegt die M1 eindeutig und mit klarem Vorsprung.
Funktionsvergleich und Technik
Aufgrund der vielen Einstellmöglichkeiten beider Kameras übersteigt das diesen Vergleich. Deshalb nur eine Kurzzusammenfassung. Die M1 verfügt über noch mehr Funktionen zur Individualisierung wie die M5 , sowie mehreren neuen. Die Leistung bei der Scharfstellung und die Serienbildfunktionen lässt die M5 weit hinten. Einige Beispiele sind die Pro Capture Funktion mit laufender Aufzeichnung von 35 Raw Bildern beim Drücken des AF und die 60 Rawbilder in der Sekunde bei festem AF.
Für den Laien ein Beispiel der ProCapture Funktion.
Ein Vogel wird anvisiert. Man drückt wie bei allen Kameras üblich den Auslöser halb durch. Der Vogel wird scharfgestellt, der Vogel fliegt auf, man drückt den Auslöser ganz durch. Im Normalfall bekommt man jetzt nur den auffliegenden Vogel und bei Serienfunktion noch mehrere Bilder danach. Die ProCapature Funktion der M1, erstellt 35 Fotos (RAW) schon vor dem Drücken des Auslösers und zwar laufend schon seit Beginn der Fokussierung und unbemerkt. Man fotografiert und erhält Bilder, die quasi schon in der Vergangenheit stattgefunden haben, bevor man das eigentliche Foto geschossen hat. Eine geniale Funktion speziell bei Motiven, bei denen das Ende schon abzusehen ist und man es erwischen will.
Zusammengefasst: Im Praxisvergleich ‚Funktion und Technik‘, liegt die M1 auch hier klar vorne.
Fotovergleich und Überraschung
Der für mich wichtigste Vergleich bezieht sich aber auf die Fotoqualität. Denn im Endeffekt zählt nur was hinten herauskommt. Ich habe wechselweise mehrere Motive fotografiert, von Hand und mit Stativ und jeweils mit dem gleichen Objektiv, dem Olympus 12-40 Pro. Und nun die große Überraschung. Die Fotos sind bis auf die geringfügig größere Auflösung der M1 (5184 x 3888 zu 4554 x 3416 der M5) nahezu identisch. Selbst bei der für die Postbearbeitung normalerweise verwendeten Zoomstufe von 100%, bei der alle Pixel sichtbar sind, sind so gut wie keine Unterschiede zu erkennen. Bei sehr schlechtem Licht, ohne zusätzliche Beleuchtung, werden die M1 Fotos bei gleichen Einstellungen etwas heller. Dieser minimale Unterschied wird aber schon bei der Aufnahme berücksichtigt.
Ich kann hier noch erwähnen, dass ich einen hochauflösenden iMac 5K mit 27″ Monitor verwende und dieser eine Auflösung von 5120 x 2880 darstellt, also annähernd die gleiche als der Sensor der M1. Ich sehe also schon auf dem Monitor ohne Vergrößerung so gut wie alle Pixel. So sehr ich auch nach Unterschieden suchte, ich konnte keine finden. Selbst bei dem Vergleich bei ISO Einstellungen bis 1000 ließ sich nichts finden. Höhere verwende ich nie. Gleiche Details, gleicher Dynamikumfang, gleiches Rauschverhalten
Nicht Teil meines Vergleichs, aber mich hat das natürlich auch interessiert. Wie schneidet meine normale Immerdabei-Kamera die Sony RX-10-IV dabei ab. Die RX-10-IV hat ein festverbautes Teleobjektiv und einen kleinen 1″ Sensor, bei dem viele Fotografen nur mitleidig lächeln. Motiv ist ein Ölgemälde – ja ohne richtige Ausleuchtung – (Schatten), aber hier irrelevant.
Vergleich der drei Kameras bei einem Foto
Wie man sieht, liefern alle eine nahezu identische Bildqualität ab, was erneut bestätigt, daß gute Fotos nicht vom Equip abhängig sind. Dies wiederum hat nichts mit dem Spaß zu tun, der beim Fotografieren und der Postbearbeitung entsteht.
Mein Gesamtresümee des Praxisvergleichs
- Mit der M1 fotografiert man sehr angenehm und komfortabel und die leistungsstarke Technik unterstützt jegliche Kreativität. Einziger Punkt zur Verbesserung ist Haptik einiger Bedientasten.
- Die M5 ist am leichtesten und am kleinsten bei gleicher Bildqualität und kostet weniger als den halben M1 Preis. Schwächen beim Handling und Ergonomie sind klar erkennbar und störend.
Außen vor: Die RX-10 IV als Systemkamera beherrscht bei gleicher Qualität wie M1 und M5 alle Brennweiten von 24-600 mm und ist daher als „All in One Kamera“ ideal. Dafür ist sie schwer und unhandlich. „Echte“ Makros (wie hier) sind damit nicht möglich.
Wer bereit ist, auf Grund der wesentlich besseren Ergonomie, des Handlings und der noch größeren und beeindruckenden Funktionsvielfalt und Technik, mehr als das doppelte des M5 Preises für die M1 auszugeben, wird es nicht bereuen. Wer die M5 nur für bestimmte Motive und Techniken nutzt, (z.B. sind es bei mir hochauflösende Fotos und Makros) darf sich freuen, wenn er weiß, dass er auf Grund der Fotoqualität nicht auf die M1 schielen muss.
Früher hätte ich die OM-D E-M1II sofort bestellt, aber nach meinem Equipment- besser Paradigmenwechsel (siehe hier) will ich nicht wieder den gleichen Fehler begehen 😉
Anmerkung: Leider besaß die M1 nicht die aktuelle Firmware. Ein Vergleich der von mir geliebten Fokusstacking Funktion war daher nicht möglich.
Hallo Johann,
danke für das Teilen Deiner Erfahrung. Mich würde das Verhalten der M1II mit adaptierten Objektiven interessieren.
Ich selber verwende die Olympus OM-D EM-5 und OM-D E10 MK2 hauptsächlich mit alten analogen Objektiven. Vor allem finde ich den IBIS von Olympus als einem der Besten auf dem Markt.
Liebe Grüße
Bernhard
Hallo Bernhard,
da kann ich leider mit keiner Erfahrung dienen, da ich aktuell nur Olympus Objektive verwende.
Grüße
Johann
Hallo Johann, ein trefflicher Bericht ist dir da gelungen ,ich habe vor einiger Zeit bei einem Fotowettbewerb eine Oly OMD 10 mit 2 Objektiven gewonnen und bei anderen Gelegenheiten auch mit der OMD EM 1 fotografiert und kann deine Erfahrungen nur zu 100 % bestätigen , dumm nur das meine Nikon D 800 seit dem häufig zu Hause im Schrank bleibt ….. schade drum ! Weiterhin viel Freude mit der Olympus ! Gruß aus Hamburg .